Bemerkungen zur Orchideenflora auf Samos

Während unseres Aufenthaltes auf Samos vom 28.04.-12.05.97 besuchten wir einen Teil der, in den Kartierungen , Hirth & Späth (1989, 1992), beschriebenen Fundorte. Diese hervorragenden Arbeiten waren uns beim Auffinden der Fundorte eine große Hilfe. Von den 50 Arten, die Hirth und Späth 1992 in ihrer Artenliste aufführten, konnten wir 36 Arten blühend vorfinden und somit bestätigen. Als Bestimmungshilfe benutzten wir die Bücher von H. Baumann & S. Künkele (1982) und P. Delforge (1995). Durch den sehr ungewöhnlichen Winter/Frühjahr 97 auf Samos (warmer Winter, nasskalter Frühling) verschob sich die Blütezeit der meisten Orchideen um ca. 3 - 4 Wochen, so dass wir die meisten Frühblüher noch blühend antreffen konnten.

Die meisten von Hirth und Späth beschriebenen Fundorte sind noch vorhanden und in einem guten Zustand. Als Beispiele seien hier nur der einzige Ophrys vernixia ssp. regis-ferdinandii Fundort auf Samos bei Ormos Marathokambos oder der Orchis laxiflora Fundort bei Mitilini erwähnt. Als wirkliche Besonderheit fanden wir am 02.05.97 in der Nähe von Ormos Marathokambos, Bei Hirth & Späth (1989) Fundort Nr.4 (UTM 5x5km Feld MB 3.67/4), eine rein weiß blühende Limodorum abortivum.
Auffallend waren, neben den weißen Blüten, der stark chlorophyllhaltige dunkelgrüne Stengel und die etwas helleren Schuppenblätter am Stamm.
Die einzeln stehende Pflanze war ca. 40 cm hoch und besaß nur 6 - 7 Blüten.
Diese Merkmale sprechen für den von B. & E. Willing (1981) beschriebenen Typ Limodorum abortivum ssp. gracile, der bisher nur in Nomos Arkadhia , Peleponnes gefunden wurde. Andererseits weisen unsere Blüten keinen „leichten violetten Anflug“ auf, wie die von L.  abortivum ssp. gracile.
Ein weiterer Punkt der nicht für L. abortivum ssp. gracile spricht, ist der Standort, ein lichter alter Olivenhain mit Phrygana und Steineichen, in den unser Limodorum recht sonnig stand. Limodorum abortivum ssp. gracile wächst hingegen an sehr dunklen und feuchten Stellen im Zerreichenwald.
Weiterhin schreiben B. & E. Willing , dass L. abortivum ssp. gracile voll blüht, während benachbarte Normalformen von L. abortivum in lichter Phrygana noch im Wachstum sind. Auch dieses entspricht nicht unserem Fund. Es gab zwar im Umkreis keine weiteren Limodorum abortivum Pflanzen, aber die Limodorum abortivum Populationen an anderen Fundorten waren ebenfalls in voller Blüte, obwohl sie zum Teil im dichten Kiefernwald waren. Es waren teilweise große Populationen von
80 - 100 Exemplaren, die dem Nominaltyp entsprachen.
Abschließend können wir nicht sagen, ob es sich bei diesem Limodorum um ein völlig Anthocyan freies Exemplar des Nominaltyps handelt, oder um Limodorum abortivum ssp. gracile.


Als Ergänzung zu Hirth und Späth wollen wir auch noch auf zwei weitere Fundorte aufmerksam machen.
Der erste ist ein neuer Ophrys reinholdii Fundort vor Kosmadei (5 km SW Neo Karlovasi) im Nordwesten der Insel. Hier fanden wir am 07.05.97 direkt am Straßenrand 10 - 15 Ophrys reinholdii in voller Blüte. Obwohl es sich hier nur um eine kleine Population handelte, variierten die Blütenform und die Malzeichnungen sehr stark. Sogar ein hypochromes Exemplar war darunter.
Weitere Arten an diesem Fundort waren: Ophrys fusca, O. sicula, O. oestrifera, Orchis anatolica, alle blühend, Cephalanthera longifolia, aufblüh.-blüh., Epipactis helleborine, austreibend.

Der zweite ist ein neuer Fundort von Ophrys minutula, die von Hirth und Späth (1992) an anderen Fundorten schon beschrieben wurde. Wir fanden Ophrys minutula am 09.05.97 nur ca. 2 km westlich von Neo Karlovasi im Norden der Insel. Diese Ophrys  war ca. 35 cm hoch, 9-blütig und insgesamt sehr schlank im Wuchs, die einzelne Blüte ist klein mit zurückgehalten Sepalen. Zur Bestimmung dieser Ophrys benutzten wir P. Delforge´s (1995) „Orchids of Britain and Europe“. Der Standort war ein voll blühender Zistrosenhang.
Wir hoffen, dass die Standorte der Orchideen in den nächsten Jahren erhalten bleiben und wir vielleicht wieder einmal über einige Neuheiten von den griechischen Inseln berichten können.
 

Literatur:
Baumann, H. und Künkele, S. (1982): Die wildwachsenden Orchideen Europas,  Stuttgart (Franckh´sche Verlagsbuchhandlung)
Delforge, P. (1994): Guide des Orchidees d`Europe d`Afrique du Nord et du Proche- Orient – Delachaux et Niestle; Lausanne & Paris  -- englische Ausgabe:  (1995) Orchids of Britain and Europe – Harper Collins Publishers; London
Hirth, M. und Späth, H. (1989): Die Orchideen der Insel Samos. Ein Beitrag zur  Kartierung der Orchideen des Mittelmeerraumes.
 Mitt. Bl. Arbeitskr. Heim. Orch. Baden-Württ. 2 (4) 1068-1135
Hirth, M. und Späth, H. (1992): Die Orchideenflora der Insel Samos.
 Mitt. Bl. Arbeitskr. Heim. Orch. Baden-Württ. 24 (1) 1-51

Kartenmaterial:
Samos 1:75000, Marco polo Allianz 1997
Samos Kos Ikaria 1:150000, Freytag u. Berndt

Holger und Anja Hennern
Marktstr. 15
44866 Bochum

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